[Tour] Projekt Schwarzwalddurchquerung (3) - Der Fluch des Schwarzwalds - Teil 2

Freudenstadt
Seit meiner letzen Tour im Schwarzwald ist einige Zeit ins Land gegangen. Inzwischen ist es Juli 2011 und die Ferien stehen vor der Tür. Genauer gesagt ist es der 27.7. 2011 und ich stehe scharrend in den Startlöchern. Unmittelbar nach der Dienstbesprechung zum Schuljahresende, soll es direkt in den Schwarzwald gehen.
Nachdem ich ja die letze Tour, wehleidig wie ich bin, aufgrund von Blasen und Schmerzen im Schienbein abgebrochen habe, sollte es jetzt endlich weiter in Richtung Süden gehen. Aber wie immer kam wieder alles anders als geplant.

Geplant war nämlich die Anfahrt per PKW nach Freudenstadt, Übernachtung auf dem Naturcampingplatz, von dort weiter nach Schiltach, Übernachtung und weiter nach Hornberg oder Triberg. Für den ersten Tag waren bedeckter Himmel und Gewitter angesagt, danach sollte es dann besser werden. Für mich war das nicht weiter schlimm, da ich ja an diesem Nachmittag nur die 5km bis zum Campingplatz Langenwaldsee laufen und den Tag dort gemütlich ausklingen lassen wollte. Die Betonung liegt hierbei auf WOLLTE.
Kurz nach meinem Start merke ich, dass ich ganz gut in Schwung komme und mir die 5km eigentlich fast zu wenig zum Laufen sind, gleichzeitig setzt leichter Nieselregen ein und irgendwie verspüre ich keine Lust auf einen Zeltaufbau im Regen. Als Alternative male ich mir eine Übernachtung in einer schönen Schutzhütte aus. Im Kopf rekapituliere ich schnell alle mir bekannten Hütten in der Umgebung und entscheide mich spontan für eine Schutzhütte an der Schwarzenbachtalsperre, die ich nochmals auf meiner Karte überprüfe. Da man sich bei Schutzhütten im Schwarzwald nie sicher sein kann, dass sie existieren, checke ich nochmals die Existenz der Hütte auf einer großen Karte an einem Wanderparkplatz. Beruhigt und in Hoffnung einer guten Unterkunft marschiere ich los. Zunächst geht es auf dem Mittelweg wieder in Richtung Oberer Zwieselberg. Zeitlich komme ich gut voran; es geht zunächst vorbei an der Annahütte und dann hinab ins Tal der Kleinen Kinzig. Inzwischen hat es auch aufgehört zu regnen, aber es ist ziemlich dämpfig. Da ich ja eigentlich nur zum Campingplatz wollte, habe ich nur wenig zum Trinken eingepackt und hoffe an der Schwarzenbachtalsperre mein Wasser auffüllen zu können.

Am Zufluss der Kleinen Kinzig in den See fülle ich dann, in Hoffnung gleich die Hütte zu erreichen, vier Liter bestes Schwarzwaldwassers ab. Nochmals ein kurzer Blick auf die Karte und ich mache auf die Suche nach der Hütte, die rechts vom See liegen muss. Als ich dem Forstweg über einen Kilometer gefolgt bin, werde ich langsam skeptisch, denn längst hätte die Hütte auftauchen müssen. Ein erneuter Blick auf die Karte verrät mir, dass ich schon viel zu weit bin. Ich bin genervt, also alles wieder zurück. Am Seeende angekommen wähle ich einen anderen Weg, etwas unterhalb, gelange aber nur zu einer Wendeplatte, auch ein zweiter, überwachsener Weg endet im Nichts. So langsam schwant mir, dass ich mal wieder einer fehlerhaften Karte aufgesessen bin und viele Alternativen zum Übernachten gibt es hier nicht. Bleibt nur noch die Möglichkeit mein Tarpt Tent aufzustellen. Bloß wo? Die Schwarzenbachtalsperre ist Trinkwasserschutzgebiet. Überall verbieten Schilder das Betreten des Ufers. Die Wege sind so angelegt, dass sie i.d.R. 30 - 50 Höhenmeter oberhalb des Sees verlaufen und kein Zugang zum Ufer möglich ist. Als einzige Möglichkeit sehe ich noch den Damm des abgetrennten Obersees, der vom linken Ufer erreichbar ist. Also nichts wie hin. Der Damm ist zwar ideal zum Zelten, aber hier sitze ich praktisch auf dem Präsentierteller mitten im Schutzgebiet!

Oberer Teil der Schwarzenbachtalsperre

Inzwischen fängt es an zu gewittern und stärker zu regnen. Ich überquere noch den Überlauf und suche  auf der anderen, zugewucherten Seite des Damms einen Platz, aber auch hier ist nichts um das Tarptent sinnvoll aufzustellen. Also wieder zurück. Es regnet inzwischen noch stärker und wird langsam spät. Ich bin kurz davor mein Tarptent illegalerweise auf dem Damm aufzustellen, doch irgendetwas sträubt sich in mir dagegen. Also wieder zurück zum Einlauf, vielleicht findet sich dort noch ein Platz. Doch auch kein rechter Erfolg! Oder ich bin einfach zu anspruchsvoll, was den Platz betrifft? Bleibt nur direkt auf dem Forstweg zu zelten, aber darauf habe ich auch keine Lust. Inzwischen regnet und gewittert es beständig und ich stehe nach ca. 5 Extra-Kilometern gefrustet und ohne Unterkunft wieder am Anfang. Was bleiben noch für Möglichkeiten? Zurück nach Freudenstadt zum Campingplatz? Zurück zum Auto? Weiter zum Campingplatz nach Schiltach? Oder eine andere Schutzhütte suchen? Alles ist mit einer längeren Strecke verbunden, unter einer Stunde Gehzeit werde ich keine Unterkunft erreichen. Vor lauter hin und her Überlegen vergeht weiter die Zeit. Schließlich gebe ich mir einen Ruck und entscheide mich zur Weimerhütte zu gehen. Diese liegt zwar wieder in entgegengesetzter Richtung meiner Tour, ganz in der Nähe des freundenstädter Campingplatzes, aber es ich kenne diese Hütte und weiß, dass es dort einen neuen Brunnen gibt. Keine Experiment mehr.

Um dort hin zu kommen, stehen aber nochmals mehrere hundert Höhenmeter Aufstieg an. Um Gewicht zu sparen entleere ich wieder 3l Wasser und nehme nur einen Liter für den Weg mit. Da das Wetter inzwischen einer Waschküche gleicht, verzichte ich auf eine Regenjacke und Regenhose und nehme nur meinen Trekkingschirm. Mühsam kämpfe ich mich den steilen Weg nach oberer Zwieselberg hoch. Durch den Schweiß und den Sprühregen, ist mein Oberkörper nach kurzer Zeit glitsch nass. In Oberer Zwieselberg gäbe es noch ein Hotel, doch diese Schmach gebe ich mir dann nicht, das wäre unter meiner Ehre. Also geht es weiter in der zunehmenden Dämmerung und im Regen wieder zurück in Richtung Freudenstadt. Und wieder scheint es so, dass hier ein Fluch liegt, der verhindert, dass ich jemals über diesen Ort hinaus komme.

Ab Oberer Zwieselberg verläuft der Weg zunächst als Pfad durch den Wald (alter Grenzweg). Bald stelle ich fest, dass die Idee hier mit dem Schirm zu wandern nicht die Beste war. Ständig beliebe ich hängen. Zudem werden meine Hosen durch Äste und hohes Gras nass. Eine Regenhose werde ich nicht mehr anziehen, ich will nur noch schnell ins Trockene. Kurz vor der Schutzhütte an der Krummen Buche wird der Weg breiter, aber so richtig schlammig. Hier haben Mountainbiker den Weg umgegraben und in den Mulden staut sich nun das Wasser. Bleibt nur mitten durch oder durchs nasse Unterholz. Würde ich jetzt einen Biker treffen, ich denke ich würde ihn vom Rad ziehen und ersäufen. Ach ja ich fahre auch Bike :-) An der Krummen Buche überlege ich kurz, ob ich in der Schutzhütte übernachten soll. Aber zum einen gibt es dort kein Wasser und zum anderen ist die Hütte, düster, schmutzig und stinkt. Also schnell weiter zur Weimerhütte. Auf dem Weg dorthin überlege ich noch, ob ich nicht doch gleich bis zum Auto laufen soll, ist ja nur ne Stunde mehr. Gegen 2 Uhr Nachts wäre ich dann auch daheim. Aber das wäre ja leicht peinlich :-) Eine Nacht muss schon sein. Gegen 21.45 Uhr erreiche ich endlich die Weimerhütte. Inzwischen bin ich klatsch nass und es ist dunkel.

Weimerhütte am nächsten Morgen
Als erstes wasche ich mich und wechsle die Kleidung. Leider habe ich nur noch eine kurze und keine lange Hose mehr dabei. Obwohl ich immer das Gefühl trockener und warmer Füße hatte (Merino sei Dank), stelle ich fest, dass Schuhe und Socken klitschnass sind. Eigentlich habe ich nur noch das Verlangen nach Essen und Schlafen. Schnell ist ein Tütengericht zubereitet und bei Kerzenschein verzehrt. Da es mich langsam an den Beinen friert krieche ich rasch in den Schlafsack. Aber der Schlaf kommt nicht. Die Anstrengung hält mich davon ab, mein Körper ist noch auf 180. Dafür kommt urplötzlich die Übelkeit und für Minuten bin ich kurz davor wieder rückwärts zu essen. Aber alles geht gut und ich döse den Rest der Nacht unruhig vor mich hin.

Fazit: Ich bin nur 6km von meinem Startpunkt entfernt, aber bis dahin über 23km durch den Schwarzwald geirrt.

Am nächsten Morgen stehe ich zeitig auf. Da Schuhe und Hosen immer noch nass sind und ich ziemlich gefrustet, zieht es mich nach Hause. Zumindest das Wetter hat sich gebessert und langsam kommt die Sonne durch den Dunst.

Morgenstimmung
Nach einem schnellen Frühstück packe ich zusammen und nehme die letzen Kilometer zum Auto unter die Füße. Bereits gegen Mittag bin ich dann wieder zu Hause und ja, ich kann es auch verdauen mal wieder abgebrochen zu haben, geht es doch bereits nächste Woche nach Norwegen!

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