[Review] Claude Dozorme Capucin Olive


Nachdem es der §42a WaffG dem deutschen Messerfreund nicht gerade einfach macht, habe ich mich in letzter Zeit verstärkt auf die Suche nach legal zu führenden Foldern gemacht. Ein schönes Exemplar dieser Gattung ist das Capucin Olive von Claude Dozorme.

Bei Claude Dozorme Handel es sich, nicht wie der Name vielleicht suggeriert, um einen einzelnen Messermacher, sondern um eine familiengeführte Messerschmiede in Frankreichs "Messerhauptstadt" Thiers. Gegründet wurde das Unternehmen bereits im Jahr 1902 und kann daher auf eine über 100 jährige Messermachertradition zurückblicken.

Technische Daten:

  • Klingenlänge: 8,3 cm
  • Klingenstärke: max. 3 mm
  • Gesamtlänge: 22 cm
  • Klingenstahl: X50CrMoV15
  • Verriegelung: keine / nur Hemmung
  • Griffamterial: Olivenholz

Der Name des Messer leitet sich wohl von seiner Klingenform ab, die angeblich an die Mütze der Capuzinermönche erinnert, welche dieses Taschenmesser gerne im Gebrauch hatten. Ursprünglich stammt die Form angeblich aus den Pyrenäen, wenngleich ich hier meine Zweifel hege, denn das ähnlich aufgebaute Svörd Peasant Knife (welches ich ja hier schon vorgestellt habe) soll wiederum von einem böhmischen Hirtenmesser abstammen. Vermutlich war diese Messerform im mittelalterlichen Europa recht weit verbreitet.
 

Das Messer ist mit 30€ preislich recht attraktiv und in verschiedenen Holzausführungen erhältlich. Nachdem das Messer auf der Herstellerhomepage nicht mehr zu finden ist, sollten sich Interessenten beeilen.

Verarbeitung und Eindruck

Im Vergleich zum oben erwähnten und ziemlich rustikal verarbeiteten Svörd Peasant Knife, präsentiert sich das Capucin hier deutlich hochwertiger. Die rund 8cm lange Klinge verfügt über einen symmetrisch ausgeführten Flachschliff, kam aber nur mit mittelmäßiger Schärfe vom Händler.  Ein nettes Detail ist das schneckenförmige Ende der Angel.
Das Messer selbst kommt ohne Platinen aus, verriegelt nicht und ist ein reiner "Friction Folder". Nett: die Stärke der Hemmung lässt sich mit dem mitgelieferten Schlüssel einstellen. Klingenspiel ist nicht wirklich vorhanden.

Einstellung der Hemmung

Das Olivenholz ist schön gemasert und vermutlich leicht gewachst. Die Form ist symmetrisch, könnte aber an der einen oder anderen Stelle noch etwas feiner geschliffen sein. Insgesamt macht das Messer aber einen sehr guten Eindruck.


Einsatzgebiete und Trageerfahrungen:

Eingeklappt ist das Messer knapp 15cm lang und lässt sich, trotz der überstehenden Angel, noch gut in der Hosentasche tragen. Dazu verwende ich ein einfaches Lederetui für Laguiole Messer, das relativ eng geschnitten ist.


Mit der Flachschliffklinge und einer Stärke von max. 3mm lässt sich das Messer für alle kleineren Alltags- oder Büroarbeiten einsetzten. Zuviel Feuchtigkeit (z.B. beim Kochen) sollte man dem Griff in diesem Zustand jedoch nicht zumuten.

Fazit:

Für einen Preis ab 30€ erhält man mit dem Claude Dozorme Capucin einen einfachen, aber schicken Friction Folder, der sich im Alltag gut schlägt. Kaufempfehlung!


Kommentare

  1. Das alte Capucin stammt in der Tat aus dem Pyrenäenraum, um das erstmal vereinfacht auszudrücken, obwohl dieses Faltmesser sicherlich im Miittelmeerraum von Italien bis Spanien einst weit verbreitet war. Dementsprechend gab es Messerschmiede in verschiedenen Regionen, die diese Art Messer herstellten. Capucin oder Capucin ähnliche Messer kennt man auch unter Namen wie:

    L’Agenais, Saint Amand und le Bonnet, alle scheinbar aus der Region Agen in der Gascogne

    Le Capucin, Grat, und auch jetzt: l’Ariégois aus der Stadt Foix in der Provinz Ariège am Fuße der Pyrenäen

    L’Aveyronnais, aus der Provinz Aveyron, wo sich das Städtchen Laguiole befindet. Tatsächlich ist das alte Aveyronnais Taschenmesser der Urahne der klassichen “Laguiole” Messer. Seine enge Verwandtschaft zum Capucin kann man nicht leugnen

    Navaja de Pastor oder Pirineu unter Anderem auf der südlichen Seite der Pyrenäen. Die katalanische Firma Pallarès in der Stadt Solsona schmiedet immernoch eine ganze Reihe von Capucin ähnlichen Klappmessern unter veschiedenen Namen mit Holz- und horngriff.

    Meine erste Begegnung mit einem ähnlichen Taschenmesser war 1996 in La Rioja, in Spanien. Es war in einer Studie über Fernweidewirtschaft, der ein Akademiker Freund von mir geschrieben hatte. Unter Fernweidewirtschaft fasst man diejenigen Formen der Weidewirtschaft in der Tierhaltung zusammen, in denen die Futtergründe der Tiere nicht direkt um einen ständigen Wohnsitz liegen. Und hier liegt die Verbindung zu den Pyrenäen. Die Pyrenäen waren schon immer Ausgangs- bzw. zielort der Fernweidewirtschaft, auch Transhumanz genannt; oder einfacher gesagt: die Pyrenäen waren seit Jahrtausenden die Heimat warndernder Hirten und dieses kleine Taschenmesser, das unter der Bezeichnung “Capucin” in Südfrankreich bekannt wurde, war sehr beliebt unter Hirten und Kleinbauern auf beiden Seiten der Pyrenäen, denn es war einfach, praktisch, und leicht zu tragen, eine Eigenschaft, die für Hirten die über 800 km mit ihren Herden zu Fuß wandern mußten, wichtig war.

    In französichen Artikeln liest man, daß die Hirten die Klingen von Messerschmieden kauften und selber die Griffe aus einem Stück Horn oder Holz in Form einer Kapuze schnitzten. Dies mag wahr gewesen sein. Nicht desto trotz gibt es auch sehr kleine und feine Messer aus dem Jungpaläolithikum (Jungsteinzeit) mit Horngriff und Klinge aus Silex (Feuerstein) deren Form stark an die Form des Capucin Faltmessers erinnern. Meiner Meinung nach hat sich die uralte natürliche Form des kleinen tragbaren Messers aus der Jungsteinzeit bis in unsere Tage erhalten. Als die Metallurgie entdeckt wurde, haben Messerschmiede auf alte bekannte Formen zurückgegriffen. Das Horn von Rindvieh hat eine natürliche Rundund und diese Rundung im Griff eines Messers wurde später als die Kapuze eines Mönchs interpretiert. Es kann sein, daß Hirten später diese Rundung des Horn auch in Holz nachahmten.

    Interessant ist, daß der glückliche Erbe der Coutellerie Savignac in Foix Alain Montariol, diese natürliche Rundung des Horns benutzte, um seine eigene Fassung des Capucin zu kreieren. Heute führt sein Sohn Olivier diese Tradition weiter.

    Die Vermutung liegt nahe, daß der Urahne des Capucin ein römisches Klappmesser ist, wie archäologische Funde belegen. Wie du selber weißt, ist die Konstruktion des Messers relativ einfach: eine Klinge in einem hohlen Griff aus Horn oder Holz mit lediglich zwei Bolzen fixiert: ein Schwenk- und ein Anschlagbolzen, weiter nichts. Nur die Hemmung des Schwenkbolzens hält die Klinge fest im Griff.

    Das Capucin der Firma Claude Dozorme ist eine ästhetische Variante einer alten Tradition und der mit einem Schlüßel einstellbaren Drehbolzen, um die Hemmung zu kontrollieren, ist sicherlich eine praktische Nuance. Das Preisleistungsverhältnis ist übringens nicht zu übertreffen. Trotzdem liebe ich den ursprünglichen Charakter meines neu erworbenen Ariègeois :-), obwohl ich dieses Messerchen von Dozorme im Visier haben werde.


    Grüße aus dem Oberrhein,
    -Esteban Ceniceros-

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